12. November 2010

P | Psychopathologie: Stockholm-Syndrom


Woher kommt der Name des Stockholm-Syndroms?
Der Name dieses Phänomens geht auf eine Geiselnahme im schwedischen Stockholm zurück, die von 23. bis 27. August 1973 in einer Filiale der Kreditbanken stattgefunden hat. Vier der Angestellten wurden als Geiseln genommen. Es folgten mehr als fünf Tage, in denen die Medien erstmals auch die Angst der Geiseln bei einer Geiselnahme illustrierten. Dabei zeigte sich, dass die Geiseln eine größere Angst gegenüber der Polizei als gegenüber ihren Geiselnehmern entwickelten.
Trotz ihrer Angst empfanden die Geiseln auch nach Beendigung der Geiselnahme keinen Hass gegenüber den Geiselnehmern. Sie waren ihnen sogar dafür dankbar, freigelassen worden zu sein, eine Frau verlobte sich mit einem der Täter. Zudem baten die Geiseln um Gnade für die Täter und besuchten diese im Gefängnis.


Wie gestaltet sich das Stockholm-Syndrom?
Die Personen, die darunter leiden, weichen in ihrem Verhalten und Agieren sowie in ihrem Wahrnehmen und Denken soweit von der Norm ab, dass eine krankhafte Störung vorliegt.

Kennzeichen dieses Phänomens:
-) die Geiseln entwickeln positive Gefühle gegenüber den Tätern und nehmen sie vor der Polizei in Schutz.
-) die Geiseln entwickeln negative Gefühle gegenüber der Polizei, sodass sie die Täterforderungen vor der Polizei vertreten und auch wie die Täter vor der Polizei agieren.
-) Auch die Täter können positive Gefühle gegenüber den Geiseln empfinden.

Die kognitive Wahrnehmung der Opfer ist demnach verzerrt.



Ursachen des Stockholm-Syndroms
-) In erster Linie manifestiert sich die Wahrnehmungsverzerrung, die zum Stockholm-Syndrom führt, darin, dass die subjektive Wahrnehmung der Geisel nur einen Teil der Gesamtsituation erfassen kann. Das Opfer erlebt eine Zurückhaltung der Einsatzkräfte vor Ort, es fühlt sich mit zunehmender Dauer der Entführung allein gelassen. Dagegen wird das Agieren der Geiselnehmer überproportional wahrgenommen, schon kleinste Zugeständnisse (das Anbieten von Nahrung, auf die Toilette gehen lassen oder Lockern von Fesselungen) werden als große Erleichterungen empfunden. Das Opfer erlebt eine Situation, in der es ausschließlich „Gutes“ von den Geiselnehmern erfährt. Es kommt zu der für Außenstehende subjektiv nicht nachvollziehbaren Folge, dass ein Opfer mehr Sympathie für seine Peiniger empfindet als für die rettenden Einsatzkräfte.

-) Täter werden sich Opfern gegenüber oftmals wohlwollend verhalten, weil sie die Opfer als Vermögenswerte ansehen oder um eine Eskalation der Situation zu vermeiden. Hieraus kann eine emotionale Bindung und Dankbarkeit von Opfern gegenüber Tätern entstehen.

-) Der maximale Kontrollverlust bei einer Geiselnahme ist nur schwer zu verkraften. Erträglicher wird dies, wenn sich das Opfer einredet, es sei zum Teil auch sein Wille, beispielsweise, da es sich mit den Motiven der Entführer identifiziert.

TRAILER zum Film The Stockholm Syndrome 

Woher ich das weiß?
Wieczorek (2003) Das sog. Stockholm-Syndrom IN Kriminalistik 7/03, S. 429
http://de.wikipedia.org/wiki/Stockholm-Syndrom (12.11.2010)
http://www.stockholmsyndrom.com/studienarbeit/ (12.11.2010)

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